Digitale Medien zu nutzen, ist im Leben unserer Kinder selbstverständlich. Sie gehören zu den beliebtesten Geschenken. Jeder zehnte Dreijährige benutzt bereits das Internet. Jeder fünfte der Sechs-Siebenjährigen besitzt ein Smartphone. Vom zehnten Lebensjahr an verbringen rund 98% aller Kinder und Jugendlichen täglich 160-230 Minuten online an Smartphones, Laptops, Tablet-PCs oder Spielkonsolen mit Computerspielen, Musikvideos oder Videoclips. Dazu trifft man sich auf Facebook, in WhatsApp-Gruppen, stellt ein Selfie oder gar sein Essen auf Instagram oder Snapchat. Sie dürfen nichts verpassen, müssen ihr virtuelles Leben retten, um zügig zu „leveln“ und in der Highscore-Tabelle oben zu stehen. Jede freie Minute müssen im Pokemon Go-Fieber Monster gejagt und trainiert werden.

Diese Daten liefern uns regelmäßig der Branchenverband Bitkom und die jährliche JIM-Studie (Jugend, Information, Multi-Media), die auf Selbsteinschätzung der Kinder basiert. Und da bleibt wirklich kaum noch Zeit für non-mediale Freizeitaktivitäten, wie Sport, Musik oder gar für Hausaufgaben oder Vertiefung von Erlerntem.

Warum der Handy-Konsum unsere Kinder verändert und die Mattscheibe kein Babysitter ist.

Der Gehirnforscher Manfred Spitzer belegt, dass bei Kindern und Jugendlichen die Lern- und Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit drastisch vermindert wird. Informationen überlagern sich völlig ungefiltert und wichtiger Schulstoff wird nicht in das Langzeitgedächtnis überführt. Stundenlanger Medienkonsum hemmt die Ausbildung der Exekutivfunktion, die Fähigkeit, Ziele konsequent zu verfolgen und Regeln zu verstehen, erklärt der Neurowissenschaftler Dieter F. Braus. Kinderärzte und Krankenkassen warnen vor den gesundheitlichen Schäden. Besonders besorgniserregend ist aus ärztlicher Sicht die Belastung durch die elektromagnetische Strahlung der WLAN-Frequenz. WLAN-Netzwerke sind in 95% aller Haushalte die Regel.

Die Folgen durch exzessive Nutzung sind Aufmerksamkeitsstörungen, Lese- Rechtschreibschwäche und Sprachauffälligkeiten, Ängste und Mutismus, Schlafstörungen und Gewaltbereitschaft, Bewegungsmangel und  Übergewicht, Haltungsschäden und Kopfschmerzen, Tinnitus und „painful thumb“, Depressionen und soziale Isolation.  

Clay Shirky, Professor für Neue Medien in den USA, hat seinen Studenten jetzt untersagt Computer, Tablets und Smartphones in seinem Seminarraum zu benutzen. Seine Begründung: „Wir wissen, dass Multitasking schlecht für die Qualität geistiger Arbeit ist und negative Langzeitfolgen für das explizite Gedächtnis hat. Kinder sind einfach nicht fähig, neue Informationen in ihrem Gesichtsfeld zu ignorieren“. Die Fokussierungsleistung leidet, es führt zu Selbstkontrollverlust. Sollten wir daher wirklich die Qualität von Schule nach dem Einsatz von Whiteboards oder Tablets beurteilen?

Warum feste Regeln bei der Smartphone-Nutzung wichtig sind. Warum Funkstille hilft.

Kein anderes Thema sorgt für so viel Konfliktpotential in den Familien. Familien planen ihren Urlaub danach, ob die gewünschte Unterkunft kostenloses WLAN anbietet, weil die Kinder ansonsten nicht mitfahren wollen. Eine Mannheimer Studie diagnostiziert „Kontrollverlust, Machtlosigkeit und Überforderung“ auf Seiten der Eltern.

Es geht nicht um ein generelles Verbot, sondern um eine geregelte Medienkompetenz und Konsumbeschränkung. Auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift. Laut Jahresbericht der Suchtbeauftragten der Bundesregierung gilt jeder sechste zwischen 14 bis 24 als stark suchtgefährdet. Dabei genügt es nicht an die Vernunft und Einsicht der Kinder zu appellieren, die Verführungen und Ablenkungen sind zu mächtig. Daher gehören Fernseher, Computer & Co nicht ins Kinderzimmer.

Begleiten und unterstützen sie ihr Kind im bewussten Umgang mit dem Informationschaos. Digitales Lernen ist eine bereichernde Kompetenz. Es gibt zahlreiche empfehlenswerte Spiele und Lern-Apps. Treffen sie Vereinbarungen, klare Regeln, am besten schriftlich, wann und wie lange am Rechner gesessen werden darf: eine halbe Stunde Medien für eine Stunde Bewegung oder das Lesen eines Buches, kein Handy beim Essen. Halten sie diese auch konsequent ein mit allen vereinbarten Konsequenzen. Nutzen sie die Möglichkeiten der technischen Medieneinschränkung an allen Geräten: setzen sie mit einer Kindersicherung Zeitlimits und sperren sie unerwünschte Seiten oder Programme. Entscheidend ist dabei, dass sie, liebe Eltern, als Vorbild vorangehen: sind sie permanent online oder nehmen sie sich Offline-Zeiten?  Aber vor allem, bieten sie ihren Kindern eine Alternative, schenken sie ihnen Zeit und Aufmerksamkeit.

Fernseher im Kinderzimmer ?